Jurassic Print

Vor vielen, vielen hundert Jahren, als das Internet sich grade selbst erfunden hatte, plante ein sehr grosses, sehr gelbes Unternehmen unsere damals noch sehr getrennt-deutsche elektronische Medienzukunft. Dicke Fernsehkabel würden Datenströme in Bildtelefonfernsehgeräte pumpen, unter Aufsicht wackerer Beamter. Dann kam alles ein wenig anders. Die elektronische Hälfte des grossen Gelbes bekam ein magentafarbenes Börsenmäntelchen, dem die EU dann die dicken Fernsehkabel wegnehmen wollte. Das komische Interdings rock’n’rollte über die putzige Bildtelefonfernsehgerätiedee und von der DDR blieben nur noch Rotkäppchensekt, ein paar schlecht konservierte Mauerreste und entindustrialisierte Unkulturlandschaften übrig (von schwäbisch besetzten Zonen wie dem Prenzlauerberg natürlich mal abgesehen).

Um den Übergang von “so stellen wir uns das vor” zu “so war das aber nicht geplant” gut zu kaschieren, gab es damals eine Handvoll begleitender Massnahmen. Als Solidarprojekt für notleidende Baukonzerne (West) wurden die entvölkerten Innenstädte des Ostens in Referenzprojekte für die innerstädtische Sanierung entvölkerter ostdeutscher Mittelstädte verwandelt. In Sachen Gelb war gestern, die Zukunft ist Magenta, raste der ehemals volks- ähm staatseigenen Betrieb an die Börse, um zukünftiglich Eigentum von Volksaktionären und dem Staat zu sein.
Um die Werthaltigkeit dieses neugefärbten Riesen nachhaltig zu befördern, wurde er vorübergehend vor der bösen EU-Regel geschützt, als ehemaliger Staatsmonopolist entweder die TV- oder die Telefondrähte abgeben zu müssen.

Lange Rede, kurz gefasst: gut zehn Jahre lang lassen die Magenta-Manager ihr ungeliebtes Kabel am ausgestreckten Arm verhungern (wer investiert schon in die künftige Konkurrenz?). Die Aktienkursentwicklung seit Start ist trotzdem nachhaltig magentafarben.
Als Kollateralschaden bleibt uns eine Breitbandinfrastruktur mit dem Status “quasi-albanisch, ausbaufähig”.

Acta est fabula, wie der Asterix-Humanist weiss. Vorbei ist vorbei. Kann uns so heute nicht mehr passieren. Oder? Fast Forward 2013. Die deutsche Medienindustrie singt der Politik ihr Retro-Requiem. Das verwurstelte Urheberrecht, dass sich ein wenig um die Rechte der Urheber und ganz viel um die Rechte von Lizenzauswertern dreht, hat einen kleinen Bruder bekommen. Das Leistungswurstrecht (oder so ähnlich) dient als Arbeitsbeschaffungsmassnahme für Medienrechtler und Existenzberechtigungsbescheinigung für die Wirksamkeit von koordinierter Lobbyarbeit und der Wirksamkeit klassischer PR in klassischen Medien. Kann sein, dass nebenbei ein wenig Porzellan zerbrochen wird. Aber das sehen wir dann in 20 Jahren.

Tatsächlich mag es sich bei diesem Kuriosgesetz um eine Art Testballon halten. Denn weil die grosse, böse Welt auch nicht vor deutschen Medienmillio- und -milliardären halt macht, muss nun der Regulator ran. Auf dem DLM Symposium, einer höchst ehrbaren Veranstaltung, überkommt den Beobachter das Zittern. Wird der Plan von Pro Sieben-Sat.1 in ihren linearen Programmen regionalisierte Werbung schalten zu wollen wirklich das deutsche lokale Mediengefüge wie ein Kartenhaus zum Einsturz bringen? Gottseidank wurde die Technologie schon zwei Dekaden lang in US-Kabelnetzen geprüft, bevor man sie hier wegregulieren kann.
Noch mitreissender allerdings die Idee, notleidende Druckwerkserzeuger in eine Art Hartz-Print-Hospiz zu überführen. Freilich nicht mit der Gieskanne soll die Staatsknete staatsfern verteilt werden, sondern zielgerichtet. So anderthalb Milliarden per Anno, nach Beispiel Frankreich, wären schon ganz ordentlich.

Zwangsernährung nur für bleischwere Medienriesen? Das geht natürlich nicht. Man vergesse bitte nicht den lokalen Rundfunk. Auch Guten-Morgen-Ronny will subventioniert sein, und erst recht der brave Lokal-TV-Mann. Der ist gerade in Deutschland ganz besonders internetmedienhausaffin: auch ihm fehlt das funktionierende Geschäftsmodell, und das schon mindestens so lange, wie manch ein selbstausbeutender Blogger alt ist, was fatalerweise dazu führt, das zur Selbstausbeutung neigende Nachwuchsmedienmenschen heute lieber cool bloggen, als uncool in unbezahlten Überstunden Sende- oder Seitenstrecken zu füllen.

Was fehlt bei der Diskussion um das Notopfer Print, diesen demokratienotwendigen Erhalt von Formatradio und Zeitungsausträgern? Nichts. In Perfektion braucht das hier angelegte System weder Urheber (Kostenfaktor) noch Publikum (es sei denn zur Rechtfertigung). Das Ziel ist Jurassic Print: ältliche Mediendinos vor der grossen, bösen Welt der digitalen Säugetiere beschützen.

Publishing is Social Media

After having had a talk with one of our German homegrown publishing tycoons, my friend Ibo posted a comment on his Facebook, which lead to a lively discussion: the publisher did complain a bit about Google, sounding quite awestruck at the same time. How they delievered all those world-changing innovations, and how the publishers lost their grip.

Then, Ibo asked the guy about his Social Media budget for 2013. The publisher says: north of 300k€.
Which would be a lot of money to spend on, let’s say a toddler’s birthday bash. But maybe not as the Social Media budget for a publishing powerhouse. Or maybe it’s just fine. Or maybe Social Media is overrated anyway. So the online discussion goes back and forth.

But seriously, the scary thing is: as a news and magazine publisher, he should be already heavily invested in Social Media. His core business is to enable social communications. Only his technology stack seems a bit outdated: it scales nicely up, but not really down to the individual level.

See, publishers are not an editorial office with a print shop attached. Mostly, they feel other way round: a printing business, with extra value added by employing some pricey editors.
For both perspectives, the outlook is rather grim. If all you can contribute to society is either a pile of printed matter (the latter) or a dedicated staff of n producing a pile of paper on a regular basis (the former), you are already off track.

Publishing is the business of sounding off and shaping a public’s opinion. Sounds an awful lot like what you can accomplish with the online tools of the trade.
And the sad truth is: publishing houses are technologically challenged Social Media providers with an identity problem.